Der Scrum Master muss das Team schützen! Deadlines erzeugen zu viel Druck für das Team! Und Überstunden darf es nicht geben!
Schaut man sich die Diskussionen in agilen Unternehmen an, entsteht schnell der Eindruck, dass die Entwickler-Teams sehr zart besaitet sind und es ihnen an Kraft und Resilienz fehlt, auch mit den kleinsten Störungen umzugehen.
Druck vs. Boreout
In meiner ersten Scrum-Schulung mit dem Ball Point Game wurde es mir dann explizit mitgeteilt: Wenn man den Druck erhöht und mit Benchmarks und Mindestwerten arbeitet, dann resultiert das in gesunkenem Durchsatz.
Auf der anderen Seite mündet die Abwesenheit von Herausforderung in Boreout, das heißt, in zunehmender Langeweile. Also endet es oft in einem Kompromiss: Das Team darf sich selbst aussuchen, wo es seine Herausforderungen haben möchte – was es sich vornimmt – und es muss sich nicht an externen Referenzen messen.
Würde man einem Leistungssportler die gleichen Rahmenbedingungen setzen, würde er vermutlich nicht nur seine Erfolge, sondern auch seine Motivation verlieren. Genau das Gefühl, die eigenen Grenzen überschritten, den inneren Schweinehund überwunden und neue Fähigkeiten mittels Ausdauer und Fokus erworben zu haben, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Selbstmotivation. Wir wollen spüren, dass unser Beitrag eine Rolle spielt, dass wir gezeigt haben, was wir können.
Agile Missverständnisse
Agile Methoden haben eine klare Intention: Sie wollen die Wertschöpfung bei der Entstehung von Software steigern. Sie bieten zu diesem Zweck gleich einen ganzen Stapel von Werten, Prinzipien und Methoden an, die dabei unterstützen.
In der Praxis sind die Intentionen hinter diesen Werkzeugen oft nicht mehr so klar, und manchmal gehen sie ganz verloren; die Methode bleibt, mit ihren Umständlichkeiten und Haken, nur ohne den erwünschten Effekt. Über diese Art von agilen Missverständnissen will ich hier berichten – und wie man mit ihnen umgeht.
Externe Referenzen
Dazu brauchen wir externe Referenzen und Druck. Aber Druck, den wir selbst als Herausforderung wünschen. Und nicht nur das: Wir brauchen Stressoren, also Gründe, ausgetretene Pfade zu verlassen, um uns weiterzuentwickeln. Ohne Grund und Impuls von außen investieren wir unsere Energie lieber woanders.
Deshalb ist es wichtig, Stress und Druck nicht zu verteufeln, sondern ganz bewusst nach dem Maß zu suchen, das bei uns funktioniert. Nach dem Grad von Herausforderung, der uns weiterbewegt. Nach der „Unmöglichkeit“, die wir am Ende doch irgendwie geschafft haben werden.
Druck & Stress
Druck und Stress sind wichtige Motivatoren, wenn sie im richtigen Mass eingesetzt werden. Und es ist nicht die Aufgabe von Scrum Master und Führung, das Team davor zu schützen – ganz im Gegenteil: Es ist die Aufgabe von Scrum Master und Führung, so viel Stress und Druck durchzulassen und zu erzeugen, dass eine nachhaltige Weiterentwicklung stattfindet, ohne dass das Team davon blockiert wird.
Unsere Serie Agile Missverständnisse
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