Agile Missverständnisse: Druck und Stress

Agile Missverständnisse: Druck & Stress

Avatar von Johann-Peter Hartmann

Der Scrum Master muss das Team schützen! Deadlines erzeugen zu viel Druck für das Team! Und Überstunden darf es nicht geben!

Schaut man sich die Diskussionen in agilen Unternehmen an, entsteht schnell der Eindruck, dass die Entwickler-Teams sehr zart besaitet sind und es ihnen an Kraft und Resilienz fehlt, auch mit den kleinsten Störungen umzugehen.

Druck vs. Boreout

In meiner ersten Scrum-Schulung mit dem Ball Point Game wurde es mir dann explizit mitgeteilt: Wenn man den Druck erhöht und mit Benchmarks und Mindestwerten arbeitet, dann resultiert das in gesunkenem Durchsatz.

Auf der anderen Seite mündet die Abwesenheit von Herausforderung in Boreout, das heißt, in zunehmender Langeweile. Also endet es oft in einem Kompromiss: Das Team darf sich selbst aussuchen, wo es seine Herausforderungen haben möchte – was es sich vornimmt – und es muss sich nicht an externen Referenzen messen.

Würde man einem Leistungssportler die gleichen Rahmenbedingungen setzen, würde er vermutlich nicht nur seine Erfolge, sondern auch seine Motivation verlieren. Genau das Gefühl, die eigenen Grenzen überschritten, den inneren Schweinehund überwunden und neue Fähigkeiten mittels Ausdauer und Fokus erworben zu haben, ist ein wichtiger Bestandteil unserer Selbstmotivation. Wir wollen spüren, dass unser Beitrag eine Rolle spielt, dass wir gezeigt haben, was wir können.

Agile Missverständnisse

Agile Methoden haben eine klare Intention: Sie wollen die Wertschöpfung bei der Entstehung von Software steigern. Sie bieten zu diesem Zweck gleich einen ganzen Stapel von Werten, Prinzipien und Methoden an, die dabei unterstützen.

In der Praxis sind die Intentionen hinter diesen Werkzeugen oft nicht mehr so klar, und manchmal gehen sie ganz verloren; die Methode bleibt, mit ihren Umständlichkeiten und Haken, nur ohne den erwünschten Effekt. Über diese Art von agilen Missverständnissen will ich hier berichten – und wie man mit ihnen umgeht.

Externe Referenzen

Dazu brauchen wir externe Referenzen und Druck. Aber Druck, den wir selbst als Herausforderung wünschen. Und nicht nur das: Wir brauchen Stressoren, also Gründe, ausgetretene Pfade zu verlassen, um uns weiterzuentwickeln. Ohne Grund und Impuls von außen investieren wir unsere Energie lieber woanders.

Deshalb ist es wichtig, Stress und Druck nicht zu verteufeln, sondern ganz bewusst nach dem Maß zu suchen, das bei uns funktioniert. Nach dem Grad von Herausforderung, der uns weiterbewegt. Nach der „Unmöglichkeit“, die wir am Ende doch irgendwie geschafft haben werden.

Druck & Stress

Druck und Stress sind wichtige Motivatoren, wenn sie im richtigen Mass eingesetzt werden. Und es ist nicht die Aufgabe von Scrum Master und Führung, das Team davor zu schützen – ganz im Gegenteil: Es ist die Aufgabe von Scrum Master und Führung, so viel Stress und Druck durchzulassen und zu erzeugen, dass eine nachhaltige Weiterentwicklung stattfindet, ohne dass das Team davon blockiert wird.

Unsere Serie Agile Missverständnisse


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Kommentare

4 Antworten zu „Agile Missverständnisse: Druck & Stress“

  1. Lesetipp!
    @Johannhartmann über den Umgang mit Stress und Deadlines in agilen Projekten.

    https://t.co/Q7BHK7mXOM

  2. Check out: Agile Missverständnisse: Druck & Stress – Mayflower Blog https://t.co/qEG0BFYYH0 and https://t.co/oU7MNuK2e8 #agile

  3. Avatar von Mike Pfeifer
    Mike Pfeifer

    „Es ist die Aufgabe von Scrum Master und Führung, so viel Stress und Druck durchzulassen und zu erzeugen, dass eine nachhaltige Weiterentwicklung stattfindet, ohne dass das Team davon blockiert wird.“

    Ich glaube, dass in diesem Satz sehr viel Wahres drin steckt! Denn Druck und Stress können dann blockieren, wenn es für den Einzelnen zu viel wird. Logisch: ein gewisses Niveau an Stress und Druck steigert die Motivation und Effektivität. „Unter Druck entstehen Diamanten“. Doch ist der Druck zu hoch, zerbricht der Diamant. Daher ist die größte Herausforderung das perfekte Gleichgewicht zu finden, sodass einerseits das Team gefordert ist, aber auch nicht überfordert ist.
    Ich kenne das nur zu gut selber von der Arbeit. Wird der Stress zu groß, muss man dann schauen, dass man irgendwie es schafft den Stress zu reduzieren. Wie? Jeder hat so seine Mittel! Da auch jeder Mensch individuell ist, sind die Maßnahmen indviduell. Vom klassischen Spaziergang, über die Einnahmen von solchen biologischen Tropfen, bis hin zu einer Yoga-Einheit. Oder ein grüner Tee mit meinen Lieblingskeksen kann auch schon viel bewirken! Man muss nur wissen wie!

    Oftmals ist es auch empfehlenswert die Ursache des Stress zu untersuchen, sodass Stress gar nicht mehr so intensiv aufkommt. Ein spannendes Thema, worüber man ewig diskutieren und sprechen kann!
    Mit freundlichstem Gruß, Mike.

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