Mal ehrlich: Wer steht im Homeoffice beim „Standup“ wirklich auf? Was macht das eigentlich mit meiner Retrospektive, wenn sich die Leute nicht mehr persönlich sehen? Und wo in meinem Homoffice ist eigentlich dieses „Las Vegas“?
In der Agilen Notfall-Sprechstunde am 26. März haben wir darüber gesprochen, wie sich die gängigen Meeting-Formen, wie sich agile Rituale durch die Remote-Situation verändert haben.
[smartblock id=“8664″]Daily
Die offensichtlichste Frage zum Daily war: „Soll ich auch remote hinter meinem Rechner zum Daily aufstehen oder nicht?“ Dabei lohnt sich ein Blick auf die Frage, warum man überhaupt zum Daily den gemütlichen Bürostuhl verlässt.
Durch das Aufstehen entsteht eine Zäsur zum sonstigen Arbeitsalltag: Ich verändere meine Perspektive und wende mich meinen Gesprächspartnern, meinem Team zu. Gerade diese „Zuwendung“ an das Team geht remote natürlich weitgehend verloren. Aber den „geistigen Abstand“ zum sonstigen Tun zu gewinnen, die explizite Unterbrechung der kontinuierlichen Arbeit, lohnt sich vermutlich. Zumal durch die physische Distanz zur Tastatur auch die Versuchung sinkt, sich durch Paralleltätigkeiten vom Zuhören ablenken zu lassen.
Agile Rituale und das Homeoffice
Ein bisschen zwiespältiger wurde die Frage betrachtet, ob man zum Daily (und in Folge auch zu den anderen Meeting-Formen) zwingend ein Videobild benötigt, oder ob eventuell auch ein Audiokanal ausreicht.
Generell ist die Videoübertragung zu bevorzugen, da so natürlich die nonverbalen Botschaften nicht oder nur in geringerem Maße verloren gehen. Insofern ist es offenbar sinnvoll, die Kollegen, die lieber auf eine Videoverbindung verzichten würden, von der Kontaktaufnahme per Video zu überzeugen.
Wir müssen aber an dieser Stelle auch berücksichtigen, dass – im Gegensatz zur normalen Bürosituation – die „Schalte“ ins Homeoffice immer auch ein Eindringen in den engsten Lebensbereich des Kollegen ist. Das Bewusstsein und der Respekt dafür sollten selbstverständlich sein.
Restrospektive, Review, Refinement, Planning
Für die übrigen agile Rituale und Meetings gilt selbstverständlich das oben für das Daily gesagte in gleichem Maße. Zusätzlich fällt natürlich der reduzierte zwischenmenschliche Kontakt in einer eher „gefühlsbetonten“ Umgebung wie der Retrospektive besonders ins Gewicht. Dem Scrum Master kommt hier die Aufgabe zu, dieses Defizit so weit wie möglich auszugleichen.
Verschiedene Anbieter sind angetreten, die technischen Aspekte der Meetings – speziell der Retro – abzubilden. Seien es digitale Whiteboards oder gar explizite Retro-Applikationen erlauben das kollaborative Arbeiten an den Themen. Dass diese eine Verschiebung der Schwerpunkte von der emotionalen Ebene zur inhaltlichen mit sich bringt muss der Scrum Master oder Agile Coach dabei berücksichtigen.
Eventuell stehen wir hier vor der Aufgabe, neue, zusätzliche Formate zu entwickeln, die der geänderten Kommunikationssituation Rechnung tragen. Möglicherweise wären hier „virtuelle Kaffeerunden“ oder auch einfach eine formlose Plauderstunde nach Feierabend der richtige Ansatz, um entstandene Kommunikationsdefizite auszugleichen.
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