Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann
(Francis Picabia)
Zum Jahresende schweifen die Gedanken auch von HR gerne in die ‚gute alte‘ Zeit. Früher war doch alles einfacher – auch für die Personalabteilung: HR hat sich aus der Abteilung ein Bedarf melden lassen, ein Profil vom Abteilungsleiter angefordert, Anzeigen geschaltet, Bewerber in Gesprächen „gegrillt“, nur die Besten ins Töpfchen geworfen und dem eingeschüchterten Rookie zum Start mehrere Dokumente überreicht: die Unternehmenhistorie, das Organigramm („Sie kommen HIER hin“), die betriebsinternen Anweisungen („Abmahnungen gibt es bei …“) usw. Jeder weitere Kontakt beschränkte sich auf Verwaltungsangelegenheiten, meist unangenehmer Art wie der Streit um die Anerkennung von Überstunden oder den Eigenbeitrag zu Essensmarken.
Aus, vorbei.
Und das ist gut so.
Einige Entwicklungen der letzten Dekade haben uns gezwungen, unsere Arbeit im Personalwesen grundsätzlich zu überdenken:
- der längst vollzogene Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft, dessen Grundpfeiler die Wissenarbeiter sind.
- der inzwischen chronische Mangel an geeigneten Fachkräften – (der Begriff „War for Talents“ ist vor bereits 15 Jahren geprägt worden!)
- und der gestiegene Wettbewerb und die höheren Entwicklungszyklen, die den Einsatz schlanker, iterativer Methoden erfordert.
Viele Firmen, die vor einigen Jahren – wie Mayflower – frisch und unbekümmert Scrum als technisches Framework für Prozesse ausprobiert haben, sind tief in die agile Transformation eingestiegen – durchaus mit einigen Schmerzen, aber auch mit erheblichen strategischen Vorteilen.
Und der von dieser Transition am stärksten geforderte Bereich – ist HR.
An welchen Prinzipien sollte sich nun eine moderne Personalentwicklung ausrichten?
Eine naheliegende Möglichkeit wäre, sich an den Werten des agilen Mindsets zu orientieren und das bekannte Agile Manifest auf uns, die „Personaler“, anzuwenden:
- Individuen und Interaktionen haben Vorrang vor Prozessen und Werkzeugen.
Früher warteten wir in unserem Turmzimmer, bis Probleme zu uns eskaliert wurden, um sie dann über die Hierarchie mit einem Machtwort „klären“ zu lassen. Heute mischen wir uns unter die Teams und Community, hören aufmerksam zu, und gehen auf Anliegen individuell ein. - Funktionsfähige Produkte haben Vorrang vor ausgedehnter Dokumentation
Früher haben wir Dienstvorschriften über Aushänge am schwarzen Brett bekannt gegeben und jeder Ausnahmefall war bis ins Detail geklärt.
Heute bemühen wir uns, unsere Workflows, Regeln und Angebote einfach, fair und transparent zu gestalten, damit diese in der Firma akzeptiert und wahrgenommen werden. - Die Zusammenarbeit mit dem Kunden hat Vorrang vor Vertragsverhandlungen
Analog zum Konzept des „servant leaders“ verstehen wir uns als „sevant management“ und begreifen unsere Kollegen (besser: „Mitspieler“) als Kunden, deren Zufriedenheit uns genauso am Herzen liegt wie ihnen der Erfolg der gesamten Firma.
Verträge werden sowohl im Umfang wie in der Anzahl auf ein Minimum reduziert; Unstimmigkeiten und Konflikte zwischen den Skateholdern versuchen wir nicht durch einen Veweis auf Klauseln, sondern durch Einsicht auf beiden Seiten sowie durch Gespräche und Verhandlungen zu lösen. - Das Eingehen auf Änderungen hat Vorrang vor strikter Planverfolgung
Statt an veralteten Grundsätzen wie z.B. Management by Objectives festzuhalten, deren Durchsetzung in der Belegschaft Frust und Resignation erzeugt, suchen wir nach neuen Wegen und Konzepten, um den Anforderungen von heute und morgen gerecht zu werden.Diese Art, moderne Human Resources (im besten Wortsinn) Arbeit zu gestalten, hat bereits in viele Unternehmen Einzug gehalten – vor allem jungen Teams ist dies selbstverständlich. Ältere Firmen sollten für einen langen Atem tief Luft holen, Petentrezepten mißtrauen – und mit kleinen, konkreten Aktionen im Sinne von ‚inspect & adapt‘ testen, in welcher Form agile HR zum Erfolg führt.
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