Als Product Owner managed man komplexe Produktentwicklungen und koordiniert sich ganz nebenbei mit vielen Stakeholdern. Eine Rolle also, der eine große Verantwortung innewohnt. Bei all dem sollte man sich jedoch bewusst darüber sein, wie viel Entscheidungsbefugnis vom Auftraggeber übertragen wurde.
Die Frage, die sich also unweigerlich stellt, lautet: Wie kartografiere ich eigentlich mein Verantwortungslevel als Product Owner?
Die Maturity-Level des PO
Aus einem scrum.org-Blogpost kenne ich die Maturity-Levels des Product Owners:
- Scribe
- Proxy
- Business Representative
- Sponsor
- Entrepreneur
Um ein Gefühl dafür zu bekommen wo ich meine Verantwortung für das Produkt einordnen kann, fand ich die Einteilung sehr gut. Um im Unternehmen eine Klärung für die PO-Rolle zu finden, ist es jedoch wenig hilfreich.
POEM: Product Ownership Evolution Model
Bei meiner weiteren Recherche in Vorbereitung auf unser Training Become a Product Leader bin ich auf das Product Ownership Evolution Model von Tim Klein und Oliver Winter gestoßen. Das fand ich sehr treffend und leicht anwendbar.
In Organisationen gibt es unterschiedliche Rollen, die – wissentlich oder auch unwissentlich – Produkt-Verantwortung übernehmen. Welche Abgrenzung gibt es zwischen dem PO und diesen Rollen: Business Owner, Chief Product Owner, Head of Product, CXO?
Hier bringt das Product Ownership Evolution Model Licht ins Dunkel.
Produkt-Verantwortung pro Rolle
Das Product Ownership Evolution Model (POEM) zeigt in einer vereinfachten Darstellung, welche Rolle welches Level der Produkt-Verantwortung übernimmt.
Die Produkt-Verantwortung ist auf einer Skala von „strategisch“ über „taktisch“ bis „operativ“ aufgeteilt. Unterhalb der Skala finden sich spezifische Aufgaben, die die Produkt-Verantwortung als Ganzes ausmachen. Wie das Erstellen einer Vision, die Erstellung eines Sprint Goals und das Schreiben von User Stories. Diese Aufgaben bzw. Skala können auch an den spezifischen Kontext angepasst werden.
Nun kann man den Ist-Zustand bestimmen, in dem die Rollen gemäß den Befugnissen auf der Skala platziert werden:
- Wenn ein „Head of Product“ die Roadmap bestimmt, setzt man ihn auf dieses Kästchen.
- Wenn ein CXO die Vision bestimmt, setzt man ihn auf dieses Kästchen.
- Wenn ein PO das Sprintziel bestimmt, setzt man ihn auf dieses Kästchen.
- Wenn ein Dev-Team die Subtasks erstellt, setzt man sie auf dieses Kästchen.
Das klare Bild
Es wird also folgende Frage beantwortet: Was ist das Level an Produkt-Verantwortung, die komplett eigenständig bestimmt werden darf?
So erhält man ein klares Bild. Wenn mehrere Leute auf demselben Kästchen sitzen, wird Klärungsbedarf deutlich. So wird das Konfliktpotential, welches man im Daily Doing schon erlebt hat, sicht- und besprechbar.
Man kann das POEM nun nutzen, um den aktuellen Zustand zu beschreiben und zu dokumentieren. Man kann das POEM aber auch nutzen, um den Ist- und Zielzustand zu kontrastieren. Dafür empfiehlt sich ein gemeinsamer Workshop mit den identifizierten Rollen.
POEM in der Praxis
Dazu wurde ein Vorgehen entwickelt, welches beispielsweise von einem Scrum Master oder Agile Coach moderiert werden kann:
Jeder füllt das POEM so, wie es im aktuellen Zustand wahrgenommen wird (siehe Beispiel von oben), für sich aus. Anschließend können die ausgefüllten POEMs miteinander verglichen werden.
Dazu einfach alle ausgefüllten POEMs an eine Wand bzw. im virtuellen Whiteboard nebeneinander zu platzieren und die Teilnehmer bitten, sie zu betrachten.
Nun beginnt die Analyse:
- Was fällt auf?
- Gibt es Unstimmigkeiten über eine Rolle?
- Sind Alle damit einverstanden, wie die Rollen derzeit in der Organisation definiert sind?
- Wohin sollten sich die Rollen hinbewegen und warum?
- Gibt es eine Einigung über den Zielzustand?
Schließ gilt es, den Adaptionsbedarf aufzudecken – also zu klären, was nötig ist, um den Zielzustand zu verwirklichen.
Falls gewünscht kann man ein Delegation Poker ergänzen, um die Zuständigkeiten und Befugnisse noch besser zu klären.
Wo steht ihr?
Wenn ihr es selbst einmal ausprobieren möchtet, sei euch das Template auf productownership.de ans Herz gelegt. Es enthält neben dem eigentlich Template noch eine kurze Anleitung, an der man sich entlang hangeln kann.
Wenn ihr das gemacht habt, interessiert mich natürlich, wo ihr als PO steht? Weit links oder weit rechts? Wohin wollt ihr euch entwickeln und warum? Ich freue mich über eure Erfahrungen und einen intensiven Austausch – vielleicht sogar auf dem kommenden Product Owner Camp.
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