Warum sich richtige Priorisierung falsch anfühlt

Warum sich richtige Priorisierung falsch anfühlt

Avatar von Ben Kölbl

Wer kennt das nicht: Der Chef schaut vorbei und hat – mal wieder – eine neue Aufgabe, ein Mini-Projekt, oder was auch immer zu besetzen. Das Team, das offensichtlich mehr als ausreichend Arbeit für die nächsten X Wochen oder Monate hat, wird die Hand heben und sagen: „Ja klar, schieben wir irgendwie rein. Ist ja wichtig.“

Keiner wird dieses Verhalten in irgendeiner Weise seltsam, befremdlich oder gar als falsch ansehen, weil es inzwischen alltäglich geworden ist; und somit völlig normal. Aber ist dieses Verhalten normal, nur weil wir es gewohnt sind?

Aus agiler Sicht ist dieses Verhalten nicht nur unnormal, sondern auch trügerisch.

Eine Erwartungshaltung im Zerrspiegel

Eine weitverbreitete Ansicht ist nach wie vor, dass Teams möglichst viel Arbeit annehmen müssen, um möglichst effektiv zu sein. Dadurch sind viele parallele Projekte fast immer die Regel.

In der Praxis geht so aber nichts voran, da eine richtige Priorisierung fehlt – und somit auch eine echte Fokossierung auf das (eine) wichtige Projekt. Die Teams hetzen zwischen den Projekten hin und her, der Fortschritt bleibt aus. Eine Folge daraus ist offensichtlich: Die Motivation im Team sinkt.

Dieses Zitat fasst den Kern der Sache ganz gut zusammen:

Multitasking is an effective way to get less done.

LeanKit

Ein Ausweg aus der Misere: Abhängigkeiten sichtbar machen

Was können Teams also tun, um dieser falschen Erwartungshaltung, die wie ein Damoklesschwert über allen hängt und allzu oft wieder zur alten „Ja, dann machen wir das eben auch noch mit“-Haltung zurückführt, entgegenzuwirken?

Die Visualisierung der Arbeit, z. B. in Form eines Kanban-Boards, würde die Abhängigkeiten für alle Beteiligten (hier: Team und Chef) klar aufzeigen. Die Beteiligten haben dadurch die gleiche Sicht auf die Arbeit und die Abhängigkeit zwischen Ursache (mehr Tasks) und Wirkung (Tasks verzögern sich) ist klar erkennbar, transparent und muss thematisiert werden. Der erste Schritt ist getan.

Nein ist das neue Ja

Wie hätte sich das Team also richtig verhalten müssen? 

Indem es klar Stellung bezieht, die oben genannten Abhängigkeiten aufzeigt und „Nein“ sagt. Denn die Auswirkung des „Ja-Sagens“ hat viel mehr Impact als das klare „Nein-Sagen“.

Der Mensch, das Gewohnheitstier

Wenn es so einfach wäre, bräuchte es ja keine Beratung, um darauf hinzuweisen. Doch die braucht es in der Tat, denn der Widerstand wird stark sein.

Nichts ist mächtiger als die Gewohnheit.

Ovid

Tatsachen alleine reichen oft aber nicht aus, um Gewohnheiten zu ändern. Und ich bin mit dieser Meinung nicht allein …

People think focus means saying yes to the thing you’ve got to focus on. But that’s not what it means at all. It means saying no to the hundred other good ideas that there are.

Steve Jobs

Eine richtige Priorisierung ist und bleibt somit das Mittel der Wahl, um Projekte effektiv abzuschließen – auch wenn sie sich zu Beginn falsch anfühlt.

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Kommentare

2 Antworten zu „Warum sich richtige Priorisierung falsch anfühlt“

  1. So. Ganz gut zusammengefasst wie es sein sollte. Jetzt fehlt mir noch der Tipp wie man „richtig“ priorisiert, denn einfach nur „nein“ sagen ist ein bisschen zu einfach.

    1. Danke für Deinen Kommentar. Stimmt, ich habe das Thema natürlich aus einen relativ hohen Fluglevel aus betrachtet. Und das „wie“ nur angeteasert. Aber im Kern geht es darum, nicht einfach nur automatisch zu allen Aufgaben „Ja, bitte immer her damit zu sagen“, sondern die Abhängigkeiten aufzuzeigen (z. B. durch ein KanBan-Board). Diese sind für Außenstehende (Chefs) oft nicht nur nicht transparent, sondern sehr oft auch gar nicht bekannt. In der „Wie es sein sollte“-Welt müsste die legitime Gegenfrage dann immer lauten: „Wenn ich zu dieser Aufgabe JA sage, zu welcher anderen Aufgabe darf ich dann „NEIN“ sagen?

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