Leichte Sprache erklärt.

Leichte Sprache

Avatar von Maria Walzl

Laut Duden-Verlag sind in Deutschland rund 10 Millionen Menschen auf Texte in Leichter Sprache angewiesen. Trotzdem wissen die meisten von uns nicht, dass Leichte Sprache existiert – geschweige denn was sie ist und wie sie Menschen dabei helfen kann, am alltäglichen Leben teilzunehmen.

Deswegen gebe ich euch an dieser Stelle eine Einführung in Leichte Sprache und zeige, wie Entwickler dabei helfen können, Schweres einfacher und leichter zu machen.

Was ist Leichte Sprache?

Leichte Sprache ist eine vereinfachte Form der Alltagssprache. Sie wird vor allem in geschriebenen Texten – wie Webseiten oder Anzeigetafeln – verwendet.

Texte in Leichter Sprache folgen einem offiziellen Regelwerk (z.B. von der Universität Hildesheim). So dürfen in einem Satz keine Fremdwörter, Abkürzungen oder Zahlen verwendet werden und jeder Satz muss sehr kurz gehalten werden. Die Sätze sind somit einfacher zu lesen und für die Betroffenen besser zu verstehen.

Auch rechtsgültige Texte, wie Datenschutzerklärungen können in Leichter Sprache geschrieben werden; allerdings nur mit einem Haftungsausschluss, in dem erklärt wird, dass es sich nur um einen Zusatztext handelt und somit allein nicht rechtsgültig ist.

Leichte Sprache vs. Einfache Sprache

Die Leichte Sprache ist nicht zu verwechseln mit der Einfachen Sprache. Zwar sind beide Varianten eine Vereinfachung der Alltagssprache, aber die Einfache Sprache folgt keinem Regelwerk und ist der Alltagssprache ähnlicher in Formulierung und Aufbau. Einfache Sprache ist also ein Zwischenschritt zwischen Standardsprache und Leichter Sprache.

Ein Hilfsmittel in der Leichten Sprache ist der Mediopunkt. Das ist ein Punkt auf mittlerer Höhe und wird verwendet, um lange Worte zu trennen. Dieser Punkt (Beispiel: Landtags·wahl) ist eine Erfindung der Universität Hildesheim, der als Lesehilfe anstelle von Bindestrichen eingesetzt werden kann. Der Vorteil gegenüber Bindestrichen ist, dass der Mediopunkt von Screenreadern ignoriert wird und damit diese assistive Technologie nicht beeinträchtigt.

Die Herausforderung in der Leichten Sprache besteht darin, herauszufinden, welche Worte eine Erklärung benötigen bzw. welche Worte vermieden werden sollten. Am Besten ist es, direkt mit der Zielgruppe zusammenzuarbeiten. So werden dafür z. B. Menschen mit Sprachbarriere beauftragt, Texte zu lesen und Feedback zu geben, ob alles klar verständlich ist.

Bei der Universität Hildesheim kann man sich Hilfe dazu holen und sich Wissen für Leichte Sprache aneignen. Diese Universität hat eine eigene Forschungsstelle zur Leichten Sprache. Sie bietet auch Schulungen zum Schreiben in Leichter Sprache und Korrekturlesen eigener Texte an.

Wie sieht ein Text in Leichter Sprache aus?

Leichte Sprache ist eine sehr leicht verständliche Sprache.

Man kann sie sprechen und schreiben.

Leichte Sprache ist vor allem für Menschen mit Lern·Schwierigkeiten.

Aber auch für andere Menschen.

Zum Beispiel für Menschen, die nur wenig Deutsch können.

Wer ist die Zielgruppe der Leichten Sprache?

  • Menschen mit Behinderung (z. B. funktionale Analphabeten)
  • Menschen mit Sprachbarriere (z. B. Migranten, Touristen, Gastarbeiter)
  • Ältere Menschen
  • Gehörlose Menschen
  • alle Menschen (z. B. bei Recht und Medizin)

Was können Entwickler tun, um Leichte Sprache noch zugänglicher zu machen?

Das Integrieren von Leichter Sprache in Webseiten stellt Entwickler vor einige Herausforderungen. Fehler, die es dabei zu vermeiden gilt, sind:

  • Der Zugang zur Leichten Sprache darf nicht versteckt oder mit einem aussagelosen oder unverständlichen Icon gekennzeichnet sein
  • Die Navigation darf nicht weiterhin in Standardsprache sein
  • Die Gestaltung der Seiten in Leichter Sprache sollte nicht identisch sein mit Seiten in Standardsprache: sie sollten minimalistischer gehalten werden und nur das nötigste abbilden, damit niemand überfordert wird

Aber wie macht man es dann richtig? Hier nun ein paar Anhaltspunkte, wie man leichte Sprache in eine Webseite einbindet:

  • Der Text sollte in einer serifenlosen Schrift, mit viel Zeilenabstand geschrieben werden und immer linksbündig ausgerichtet sein. Es sollte kein Text auf Bildern stehen; Bilder sollen generell nur als Illustrationen und nicht als Zusatzinfo gesehen werden. Es ist wichtig, auf einen guten Kontrast zu achten.
  • Die Navigation sollte nicht zu voll sein, max. fünf Navigationspunkte beinhalten und ebenso in Leichter Sprache geschrieben sein. Sie muss sich klar vom Inhalt abgrenzen und am besten immer sichtbar sein (sticky navigation). Zudem muss es klar ersichtlich sein, wo man sich gerade befindet (Hervorhebung in der Navigation und Breadcrumbs).
  • Der Footer muss sehr reduziert gestaltet werden und nur die wesentlichen Punkte beinhalten, damit man sich leicht darin wiederfindet und schnell zu seinem Ziel kommen kann

Mehr zum Thema Barrierefreiheit im Web und wie man sie in bestehende Projekte integriert, hat euch Kathrin in ihrem Beitrag Barrierefreiheit in IT-Produkten nachrüsten erklärt.

Macht Gendern die Leichte Sprache schwerer?

Das Thema Gendern ist in der Leichten Sprache umstritten. Offiziell gibt es noch keine Regelung dafür. Im Regelwerk der Universität Hildesheim wird nur mit der männlichen Form gearbeitet. Einige erste Tests haben gezeigt, dass sich Betroffene beim Lesen der Leichten Sprache schwer tun den Inhalt zu erfassen, wenn gegendert wird. Allgemein gilt, wenn in der Standardsprache gegendert wird und es einem wichtig bzw. relevant für das Thema ist, dann sollte auch in der Leichten Sprache gegendert werden. Eine gute Alternative hierfür ist das Ausschreiben beider Geschlechter (z. B. Bäcker und Bäckerin), wobei die männliche Form zuerst stehen sollte, um den Kontext direkt leichter erfassen zu können.

Barrierefreiheit


Wie sieht es rechtlich aus?

Seit 2018 müssen Behörden und andere öffentliche Stellen (wie z. B. Arbeitsagenturen, Krankenkassen und Ärzte) die Leichte Sprache sowohl schriftlich als auch mündlich anbieten und ihre Kompetenzen zu diesem Thema auf- und ausbauen. Auch viele Nachrichtenagenturen bieten auf ihrer Webseite die Nachrichten in Leichter Sprache an.

Das Thema Leichte Sprache wird kontinuierlich weiter erforscht ausgebaut. Es ist dennoch wichtig, schon heute darüber zu sprechen und dafür zu sensibilisieren, damit alle Menschen bestmöglich am gesellschaftlichen Leben teil haben können. Zudem sollte man auch für die eigene Web-Präsenz überlegen, sie barrierefrei zu machen, da man so attraktiver für eine breitere Zielgruppe wird und sich damit auch das Business steigern lässt.

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