Der Agile Festpreis – eine Rezension

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Buch Der Agile Festpreis
„Agile Projektvorgehensweise und Festpreis schliessen sich aus.“ Haben Sie das auch schon gehört? Dass dem nicht so sein muss, versuchen die Autoren Boris Gloger (Scrum Coach), Ralf Mittermayr (Partner BearingPoint), Dr. Wolfgang Pfarl (T-Mobile Austria) und Dr. Andreas Opelt (Manager bei infonova) in ihrem Buch „Der Agile Festpreis“ zu unterstreichen. Nicht nur weil wir bei Mayflower agile Projekte mit Festpreis durchführen, habe ich mir das Buch näher angesehen, und möchte im folgenden Blogbeitrag meinen Eindruck beschreiben. Und weil Nikolaus ist, verlosen wir 2x 3 Exemplare des Buchs. :-) Mehr zur Verlosung ist am Ende des (langen) Beitrags zu finden.

Die Autoren

Das Lineup der Autoren ist für dieses Buch passend gewählt, denn es werden dadurch die unterschiedlichen Perspektiven und Sichtweisen in Projekten dargestellt: die des auswählenden Beraters; die des Kunden, der ein agiles Projekt umsetzen möchte; die Sicht des Projektleiters, des Key Account Managers, des Verhandlungsführers des Lieferanten, oder gar der Perspektive des Einkaufs beim Kunden. Dadurch wird eine holistische Sicht auf das Thema ermöglicht, was den Autoren mit Bravour gelungen ist.

Umfang und Kapitel

Das Buch ist vor kurzem (2012) erschienen, ist 253 Seiten schwer und glänzt durch ein übersichtliches Layout und umfangreichen Inhalt. Die Kapitel sind wie folgt gegliedert:

  • Agilität – was ist das?
  • Das fehlende Teil im Puzzle – Der Agile Festpreisvertrag
  • Was ist der agile Festpreisvertrag?
  • Muster für einen agilen Festpreisvertrag
  • Ausschreibung und Preisfindung für Projekte nach Agilen Festpreisverträgen
  • Besondere Anforderungen an den rechtlichen Rahmen beim Agilen Festpreisvertrag
  • Verhandlungsstrategie und Verhandlungstaktik
  • Vor- und Nachteile Agiler Festpreisverträge
  • Toolbox für Agile Festpreisverträge
  • Beispiele aus der Praxis
    • Softwareintegration in einem Migrationsprojekt
    • Erstellung eines Softwareprodukts

Die ersten Kapitel

Am Anfang taucht das Buch ein wenig in die Grundlagen von Scrum ein und führt dazu über, die unterschiedlichen Sichtweisen von Einkäufer und Verkäufer auf Agilität zu beleuchten.

Im zweiten Kapitel wird zunächst einmal erörtert, welche Probleme herkömmliche Festpreisverträge aufwerfen – in Gestalt des Wasserfallmodells, falschen Annahmen, falschen Erwartungen, falschen Zeitpunkten des Detailwissens, falschen Anforderungen und dem „Unvermögen (aus den unterschiedlichen Gründen), den Vertragsgegenstand zu Beginn eindeutig zu beschreiben.“

Aus diesem Dilemma wird der Leser schrittweise herausgeführt, indem ihm das Modell des Agilen Festpreisvertrags im dritten Kapitel erläutert wird. Behandelt werden hierbei die Definitionen des Vertragsgegenstandes, Detailspezifikationen von exemplarischen User Stories, Workshop zum Gesamtscope, Scope-Governance, die Wandlung des Kooperationsmodells zum Motivationsmodells, aber auch Möglichkeiten zur Risikoteilung sowie der Definition von Ausstiegspunkten, um das Projekt/den Vertrag sauber zu verlassen.

Praktischerweise erläutern die Autoren auch gleich, warum in Storypoints, also Komplexitätspunkten, geschätzt wird, und nicht in Personentagen. In einem kurzen Exkurs wird hierbei auch auf die „Magic Estimation“ als eine Alternative zum Planning Poker eingegangen, mit der sehr schnell eine große Menge an User Stories geschätzt werden kann.

„Vertrauensvolle Zusammenarbeit ist die wesentliche Grundlage des Agilen Festpreisvertrags.“ Mit diesem Satz leiten die Autoren die Erläuterungen zur Risikoteilung, der Checkpoint-Phase sowie den Möglichkeiten zum geregelten Ausstieg aus dem Projekt ein. Das Kapitel wird mit der Zusammenfassung „Der Agile Festpreisvertrag stellt einen Rahmen dar, in dem das Projektteam ein erfolgreiches IT-Projekt im vorgegebenen Budgetrahmen liefern kann.“ abgeschlossen.

Das fünfte Kapitel (Kapitel vier enthält das Vertragsmuster, auf das ich weiter unten eingehe) beschäftigt sich mit Ausschreibungen und der Preisfindung für Projekte nach agilen Festpreisverträgen. Hier gehen die Autoren der Frage nach, wie die Anforderungen an eine Ausschreibung und Umsetzung zu gestalten sind und wie eine Ausschreibung mit dem Fokus auf den Agilen Festpreis schrittweise gestaltet wird. Dabei berücksichtigen sie auch Punkte wie Preisoptimierungsoptionen sowie den Auswirkungen auf die mögliche Einbindung des Einkäufers in das Projektteam.

Kapitel 6 beschäftigt sich mit den besonderen Anforderungen an den rechtlichen Rahmen, dem ein Agiler Festpreisvertrag unterliegt. Hier beschäftigen sich die Autoren insbesondere mit den Themen Gewährleistung und Schadensersatz sowie Zeitplan und Meilensteinen und zeigen dabei auch Eskalationspfade auf. Hier empfehlen die Autoren, bei größeren Projekten Zahlungen nicht nur an die Abnahme von Sprints zu binden, sondern einen Teil der Zahlung abgenommener Sprints an besondere Meilensteine in Form von zum Beispiel realisierten EPICs oder Themes zu binden. Was in diesem Zusammenhang ein „größeres Projekt“ ist, darüber schweigen sich die Autoren jedoch aus.

Verhandlungsstrategie und -taktik

Spannend wird es im 7. Kapitel, das ich besonders hervorheben möchte. In diesem Kapitel gehen die Autoren auf Verhandlungsstrategien und -taktiken im Rahmen eines Projekts/der Projektanbahnung ein und beleuchten dabei die unterschiedlichen Sichtweisen des Auftraggebers und Auftragnehmers. Dabei schlagen sie Strategien für das Projekt und die Verhandlung vor, gehen auf die Preisfindung im Projekt ein und geben sogar Hinweise für Ziele und Bonifikation der involvierten Personen.

Vor- und Nachteile Agiler Festpreisverträge

Es ist nicht alles Gold was glänzt. Daher darf Kapitel 8 nicht fehlen, in dem die Vor- und Nachteile Agiler Festpreisverträge ausführlich behandelt werden. Besonders gefallen hat mir hierbei, wie die Autoren die unterschiedlichen Vertragsarten (Time & Material, herkömmlicher Festpreis und Agiler Festpreisvertrag) aus der Perspektive des Kunden, des Lieferanten, des agilen Beraters und des Scrum Teams beleuchten und dabei folgende Aspekte im Kontext der Vertragsarten gegeneinander abwägen:

  • Budgetsicherheit
  • Anforderungsflexibilität (Flexibilität hinsichtlich der Änderung der Anforderungen)
  • detaillierte Anforderungen (Flexibilität hinsichtlich fehlender Details zu den Anforderungen)
  • Verhandlungsaufwand
  • Schätzsicherheit
  • Qualitätsrisiko
  • Preisüberhöhungstendenz
  • Chance auf Auftragserteilung
  • Kostenrisiko
  • Auftragssicherheit
  • Abnahmeaufwand
  • Kalkulationstransparenz
  • Fortschrittstransparenz
  • Steuerungsmöglichkeit/Permanentes Regulativ
  • Absicherung der Investition (frühzeitiger Business Value/Kundennutzen)
Phew! Ganz schön viele Aspekte, die hier abgeklopft werden. Und gerade das, verbunden mit einer +++/++/+/-/–/— Bewertung der einzelnen Vor- und Nachteile, machen dieses Kapitel zu einem besonderen Kapitel.

Toolbox für Agile Festpreisverträge

Naa, ist Ihnen schon schwindlig geworden ob der Vielzahl einzelner Punkte? Dann habe ich etwas ganz besonderes für Sie: in Kapitel 9 öffnen die Autoren ihre Toolbox für Agile Festpreisverträge und zeigen Wege auf, wie man vor der Verhandlung Interesse für Agile Verträge wecken kann, eine gemeinsame Sprache etabliert, oder gar Workshops zum Vertrags-Setup aufsetzt. Ein Wermutstropfen bleibt: mit 15 Seiten ist das Kapitel etwas dünn, setzt jedoch die richtigen Impulse, um das Thema Agile Festpreisverträge bei seinen Stakeholdern zu platzieren.

Von der Theorie in die Praxis

Das zehnte und inhaltlich letzte Kapitel macht es auf fast sechzig Seiten noch einmal spannend: wie ist das nun, in ganz konkreten Projekten und wie sind die einzelnen Phasen eines Projekts von der Verhandlung bis zum Projektabschluss sowohl nach herkömmlicher Manier als auch im Agilen Festpreisprojekt?

Hier geht es nun ans Eingemachte: drei Beispielprojekte werden in ihren einzelnen Phasen jeweils nach herkömmlicher Methode und nach dem Vorgehen mit dem Agilen Festpreisvertrag gegenübergestellt. Hier erfährt der Leser, welche Vor- und Nachteile im jeweiligen Kontext welche konkreten Auswirkungen haben. Dabei gehen die Autoren auch auf den Projektverlauf, die Teams und kritische Situationen sowohl nach herkömmlicher Methode als auch nach dem Agilen Festpreisvertrag ein.

Den Abschluss bildet jeweils ein kurzes Resumee sowie auch die beispielhafte Umsetzung eines konkreten Agilen Festpreisvertrags mit seinen kommerziellen Vereinbarungen sowie den definierten technischen Umfängen und Prozess.

Vertragsmuster

Das Buch enthält in Kapitel 4 ein sehr umfangreiches Vertragsmuster für einen Agilen Festpreisvertrag, das als Basis in der Umsetzung von Projekten dienen kann. Die Autoren haben sich Mühe gegeben, den Spagat zwischen Einfachheit, Verständlichkeit und den unterschiedlichen Anforderungen in einem agilen Projekt zu machen. Dem tragen sie Rechnung, indem sie das Muster mit zahlreichen Erläuterungen spicken, um auf die unterschiedlichen Aspekte einzugehen.

Das Vertragsmuster ist eine gute Ausgangsbasis. Hier empfehle ich, sich in Projekten immer noch den Rat eines Anwalts hinzuzuziehen und entsprechend auf die jeweilige Projektsituation anzupassen.

eBook

Das Buch ist im Hanser Verlag erschienen und steht als eBook nur im PDF Format zur Verfügung. Wer sich das Print Produkt kauft, erhält automatisch über einen im Buch eingebetteten eBook Code die Möglichkeit, sich das PDF über die Heimatseite des Verlags herunter zu laden. Insgesamt finde ich das als Kindle Addict etwas umständlich, freue mich jedoch, dass es zumindest ein PDF gibt, das ich dann über die Kindle Software auf meinem iPad lesen konnte. PDFs auf dem Hardware Kindle lesen sich ja bekanntlich nicht so gut ;-)

Hier fände ich es schön, wenn das Buch zumindest auch im mobi Format erhältlich wäre, damit man es auch auf dem Kindle direkt und bequem lesen kann.

Knackpunkte

Gibt es keine Kritikpunkte? Ich kann feststellen: es gibt für mich kaum Kritikpunkte am Buch. Dass es kein passendes Kindle Format gibt, ist der Hauspolitik des Verlags geschuldet. Dennoch fällt es mir schwer, Kritik zu äußern. Man merkt dem Buch an, dass ausführlich und sauber recherchiert wurde. Die Gesamt-Thematik ist nicht zu unterschätzen. Daher empfehle ich, das Buch mehrmals intensiv durchzulesen, um ein tiefer gehendes Verständnis für die Inhalte zu entwickeln. Dies fällt angesichts der flüssigen Schreibe nicht schwer.

Fazit

Das Buch ist äußerst umfangreich und von hoher Sachkompetenz geprägt. Sogar im Schlusswort des Buchs wird noch einmal den kritischen Stimmen und Fragen zum Agilen Festpreis Raum gegeben und auch noch Vorschläge geliefert, wie damit jeweils umzugehen ist.

Für mich hat dieses Buch das Potenzial, zu einem Standardwerk in der agilen Literatur zu werden und sollte daher in keinem Buchregal fehlen. Well done!

Verlosung von 2x 3 Exemplaren des Buchs

Boris Gloger hat uns dankenswerterweise 6 Exemplare des Buchs zur Verfügung gestellt, die wir passend zum Nikolaus verlosen möchten :-) Und so geht’s: die Exemplare verlosen wir unter allen, die nachfolgenden tweet (mit @mayflowerphp Reply, damit wir dich identifizieren können :-) ) bis zum 07.12.2012 00:00 Uhr über nachfolgenden Button schicken:


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Die Gewinner werden per Zufall ausgelost und bekannt gegeben, der Rechtsweg ist ausgeschlossen. :-)

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Kommentare

14 Antworten zu „Der Agile Festpreis – eine Rezension“

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  14. Ich würde sagen .. ich bin zu spät. :)

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